Es ist schon ein paar Jahre her als mir ein alter Fischerkamerad am Wasser begegnete. Man kannte sich zwar vom Sehen von den unterschiedlichen Arbeitseinsätzen, den Vereinsfesten und Versammlungen aber so wirklich ins Gespräch kam man nie. Vermutlich trug auch der Altersunterschied hier seinen Teil dazu bei.
Letztlich verlief der Tag des Zusammentreffens fischereitechnisch für mich bis dato wenig erfolgreich. Der Besatz war zwar noch nicht so lange her, allerdings erschwerte ein vorangegangenes mehrwöchiges Hochwasser die Fischerei auf die Satzforellen. Nachdem ich bereits ein paar Stunden vergeblich mit meinen Wobblern versucht hatte eine Forelle ans Band zu bekommen, war ich bereits gewillt die Fischerei für den Tag ruhen zu lassen und mich Richtung Wohnanschrift auf den Weg zu machen.
Wie es der Zufall an dem Tag so wollte, war besagter älterer Fischereikamerad gerade im Begriff an meiner Angelstelle vorbei zufahren. Nach dem obligatorischen „Petri“ Gruß wollte ich mich schon verdrücken aber der Kamerad fragte nach meiner Ausbeute des Tages. Etwas beschämt musste ich eingestehen, dass ich bisher Schneider geblieben war. Wie sollte es auch anders sein wurden Tipps, Erfahrungen und Meinungen bezüglich der Fischerei ausgetauscht.
Um es vorweg zu nehmen. Ich habe mich mit dem Kameraden von 11 Uhr vormittags bis 19 Uhr abends unterhalten. Sowas ist mir bis dato auch noch nicht passiert. Irgendwann im Laufe des Gesprächs erzählte er mir, dass er heute schon erfolgreich gewesen war und die Stelle, an der ich gerade gefischt hatte eigentlich sehr produktiv wäre. Diese Tatsache war mir schon seit einigen Jahren bekannt, nicht umsonst suche ich die Stelle bis heute regelmäßig auf.
Rohmaterial Kurzwaffenpatronen bzw. Hülsen
Ein Blick auf sein Tackle zeigte mir, dass er definitiv kein armer Zeitgenosse sein konnte. Alleine die Rolle befand ich in einem Preisspektrum von deutlich über 400€ und auch die Rute war ein hochwertiges Modell im mittleren dreistelligen Preisbereich. Der Köder allerdings machte mich neugierig. Es handelte sich um einen selbstgegossenen Forellenzopf, also ein Bleibatzen mit Haaren drum herum wie man ketzerisch sagen könnte. Dieser Köder war mir nicht fremd aber ich bevorzugte und bevorzuge auch heute noch meine Wobbler und kleine Gummifische zur feinen Fischerei auf Salmoniden. Außerdem bin ich kein großer Fan von Blei und versuche jedweden Körperkontakt mit dem Schwermetall zu vermeiden.
.38 Hülse vs. 9mm Hülse
Kurzum, ich bat den Kamerad mir die Effektivität des Köders live unter Beweis zu stellen. Insgeheim vermutete ich doch sehr stark, dass er mit seinen Forellenzopf nichts an der Stelle fangen würde, da ich diese bereits eine gute Stunde lang mit meinen Wobblern und Gummis beackert hatte. Ihr ahnt es sicher schon, nach nicht mal 5 Minuten hing der erste starke Regenbogen am Ende des Forellenzopfes. Ich war überrascht und auch leicht geschockt. Hielt ich mich doch mit meinen High Tech Ködern für einen –zumindest halbwegs – versierten Petrijünger. Am Ende des Tages bekam ich dann von ihm im Austausch gegen einen meiner Wobbler eben besagten Forellenzopf geschenkt. Dieser hat mittlerweile einen Ehrenplatz in meiner Ködervitrine erhalten.
Diverse Köpfe für die Forellenzöpfe
Abends dann schaute ich mir dieses Konstrukt genauer an. Im Prinzip nichts anderes als ein Bleikopf mit Inline System welcher auf der Hauptschnur frei beweglich gleiten und somit verhindert, dass sich die Forelle leicht vom Haken schütteln kann. Insgeheim hatte ich schon damals mit dem Gedanken gespielt mir solche Forellenzöpfe selbst zu bauen. Ehrlicherweise muss ich aber auch sagen, dass ich diese primitiven Köder wenig ästhetisch finde. Die Eigenaktion ist (so dachte ich…) gering und der Fangerfolg hängt – zumindest für mein Dafürhalten – von der Köderführung des Anglers ab. Ich überlegte damals schon mir Gussformen für die Bleiköpfe zu bauen aber irgendwie ist es damals auch nur bei der Überlegung geblieben.
Inline Führung des Forellenzopfs
Wir schreiben das Jahr 2024. Die Ampel hat Deutschland gespalten, die Rechte erstarkt, Messerstechereien und Übergriffe bestimmter Gruppen sind gesellschaftlich akzeptiert und mittlerweile Alltag… achja und in Europa herrscht wieder Krieg. Ein guter Zeitpunkt um sich mit der Umsetzung alter Pläne zu beschäftigen, schließlich weiß keiner wie lange das noch so weiter geht in Deutschland/Europa. Seit dem Treffen mit dem alten Fischerkameraden sind ein paar Jährchen ins Land gezogen und der Eigenbau von Forellenzöpfen blieb bis dato eine geistige Blähung meinerseits. Mittlerweile habe ich den Jagdschein gemacht, bin Fischerei- und Jagdaufseher, Wiederlader und habe mich auch in anderen Bereichen etwas weiter entwickelt.
Prototypen Forellenzopf
Eines Abends als ich gerade dabei war mir für den nächsten Wettkampf meine Munition selbst zu fertigen, kam mir eine Idee. Aus den abgeschossenen Patronenhülsen kann man neben Senkbleien doch noch deutlich mehr basteln was sich anglerisch nutzen lässt. Gesagt, getan. Bereits am Wochenende darauf saß ich am Balkon und bohrte die ersten Kurzwaffenhülsen an der Zündglocke auf. Kurz darauf wurde ein Plastikröhrchen durch die Hülse geführt. Dieses dient als Führungsrohr für die Hauptschnur auf der das Konstrukt später mal gleiten soll. Anschließend wurde der Hülsenkörper innen beschwert. Hierfür kamen diverse Materialien zum Einsatz. Sand, Metallkugeln, Metallspäne, Kies usw. Danach wurde die Hülse mit Epoxyd-Harz versiegelt und mit Airbrush bemalt. Abschließend erhielt jede der Hülsen noch ein nettes „Röckchen“ aus Tierhaar welches (zugegebenermaßen sehr dilettantisch) mit Garn und Bindelack fixiert wurde. Fertig waren die ersten Prototypen.
Bis ich die Zöpfe dann letztlich nass gemacht habe, vergingen noch ein paar Monate. Im Winter, kurz vor der Forellenschonzeit, war es dann soweit. Auf die herkömmlichen Köder wollte sich kein Erfolg einstellen und mehr lustlos als überzeugt montierte ich den selbstgebauten Forellenzopf. Was soll ich sagen…der Erfolg stellte sich ein. Ich hatte nicht damit gerechnet aber ich konnte mein Fanglimit an dem Tag doch noch ausschöpfen. Allerdings hatte ich auch viele Fehlbisse. Das ist ein Thema dem ich mich im kommenden Jahr vermehrt widmen werde. Interessant war auch, dass die Forellenzöpfe im Wasser ein reges Spiel entwickeln, wenn man sie wie einen Jerk schlägt.
Prototypen Forellenzöpfe
Fazit: 1.Auch die einfachen (oder sollte ich primitiven Köder sagen?) fangen. 2. Man kann Forellenzöpfe auch ohne den Einsatz von Blei herstellen (mal abgesehen davon, dass Blei über kurz oder lang ohnehin aus der Fischerei verbannt werden wird). 3. Patronenhülsen sind wirklich alles andere als Abfall. Man kann hier – etwas Kreativität und handwerkliches Geschick vorausgesetzt – durchaus noch praktisch Dinge für andere Lebensbereiche herstellen. 4. Die Standardversion mit dem gerade durchlaufenden Röhrchen ist eher für flache Gewässer geeignet. Für tiefe Gumpen und Kolke sollte man eher eine andere Konstruktion verwenden. Auch hierfür existiert bereits eine kleine Anzahl an Prototypen. Diese möchte ich aber erst ausführlich testen und ggf. selbst vermarkten oder vermarkten lassen. 5. Wer kein waffenrechtliches Bedürfnis vorweisen kann, kommt über den örtlichen Schützenverein oder befreundeten Jäger an abgeschossene Hülsen. Diese Fallen beim Training oder der Jagd in größeren Mengen an und werden normalerweise weggeworfen bzw. beim Altmetallhändler abgegeben. Wer eher den unpersönlichen und teureren Weg gehen möchte, kann sich auch neue Hülsen bei Frankonia oder im Waffengeschäft vor Ort kaufen. Hierfür braucht man keine separate Erlaubnis. Meine Hülsen habe ich mir im Lauf der Jahre auf den unterschiedlichen Schießständen selbst zusammen gesammelt. Lediglich die 9mm Hülsen stammen aus dem eigenen „Verbrauch“.